Früher war alles...anders!
Als ich mit dem Komponieren begonnen hatte fing ich
natürlich auch an meine Stücke anderen Leuten vorzuspielen. Voller Stolz
präsentierte ich sie und war gespannt auf die Rückmeldungen und dann kam er.
Der eine Satz. „Hey das Stück kenn ich! Ist das nicht von….?“. Das tat ziemlich weh…
Daraufhin habe ich beschlossen daraus eine Kunst zu machen
und habe in einige meiner Stücke musikalische „Eastereggs“ eingebaut. Mal sind sie ganz versteckt, manchmal auch sehr offensichtlich. Ich habe sogar mit "Overture Musicale" ein Stück geschrieben, dass genau auf dieses musikalische Versteckspiel eingeht. Wieso tue ich das? Weil es alle Musiker entweder absichtlich
oder unabsichtlich tun und, weil es mir persönlich ziemlich Spaß macht musikalische Motive in einen anderen Kontext oder Zusammenhang zu bringen. Mit diesem Text möchte ich sie ein bisschen
desillusionieren was Musik und Urheberrecht angeht.
Hören wir uns zum Beispiel einmal folgende Stelle aus der
Filmmusik von Star Wars an:
Tonbeispiel_1.mp3
Nun muss ich sie leider enttäuschen. Dieses Stück ist nicht
aus Star Wars sondern aus der Symphonie „The Planets“ von Gustav Holst. John
Williams hat sich daraus sehr stark inspirieren lassen das ist allgemein
bekannt. Auch das Main Theme von Star Wars ist inspiriert von einem
Film namens „King`s Row“. Vielleicht hören sie auch hier die Ähnlichkeiten.
Kings_Row_Main_Title.mp3
Ja, John Williams hat sich inspirieren lassen und dennoch
ist er einer der größten Filmmusikkomponisten unserer Zeit. Zu Recht meiner
Meinung nach. Alle Komponisten und Musiker haben sich inspirieren lassen.
Mozart von Haydn, Bruckner von Wagner und und und… Wenn Bach noch leben würde
könnte er wahrscheinlich alle wegen Plagiats verklagen…
Heutzutage kann man im Grunde nichts mehr Neues komponieren.
Zumindest, wenn man nicht in atonale postexpressionelle Klanganordnungen
abdriftet. Für Komponisten ist das ein Problem, weil es so ziemlich alles schon einmal gab. Danny Elfman, ein berühmter Filmkomponist (Mission Impossible), sagte einmal "It`s all about the Context". Es kommt auf den Kontext an, in dem ein Motiv gespielt wird. Nehmen wir einmal das berühmte Okarinamotiv aus den Western "The Good, the Bad and the Ugly" von Ennio Morricone. Wenn das Okarina im Kontext eines Western gespielt wird ist das definitiv Plagiat. In einem anderen Kontext fällt es wahrscheinlich nicht einmal auf.
Es gibt in der Regel keine Motive, die einen nicht an etwas anderes erinnern. Die Frage ist immer in welchem Kontext treten sie auf. Wenn man genau hinhört kann man in jedem Musikstück Passagen finden,
die es in ähnlicher Form schon einmal gab. Aber auch bei folgendem Beispiel ist der Kontext ein ganz anderer:
Tonbeispiel_3.mp3
Tonbeispiel_4.mp3
Alles gab es also schon früher nur halt eben…anders!
Viele Komponisten, sogar die größten Komponisten aller Zeiten, haben sich von ihren Kollegen oder von den großen Komponisten vor ihnen inspirieren lassen.
Beispiele (sollten Sie noch mehr Beispiele haben, melden sie sich gerne bei mir):
1. Johannes Brahms: Piano Quartet No. 3 in C minor, Op. 60 (1.Satz Anfang) + Antonio Vivaldi - Die vier Jahreszeiten (Sommer Anfang)
Hier gibt es dazu ein sehr gutes Video:
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Do Great Artists really Steal? - YouTube